TUM Klinikum startet Therapie mit neuem Wirkstoff „Donanemab“ – als eines der ersten in Europa
Prof. Dr. Timo Grimmer, Leiter der Ambulanz für Neurokognitive Erkrankungen am TUM Klinikum Rechts der Isar, sagt: „Ich freue mich sehr, dass nach Jahrzehnten ohne Fortschritte in der medikamentösen Therapie der Alzheimer-Krankheit nun bereits zwei verlaufsverzögernde Wirkstoffe für Patientinnen und Patienten mit früher Demenz zur Verfügung stehen.“ Was „Donanemab“ von „Lecanemab“ unterscheidet: Patientinnen und Patienten müssen nur noch einmal pro Monat für eine Infusion ins Klinikum kommen statt alle zwei Wochen. „Statt einer dauerhaften Therapie sehen die Zulassungsstudien zudem eine maximale Behandlungsdauer von 18 Monaten vor“, sagt Prof. Grimmer. Ein möglicher Vorteil für Betroffene, auf den auch die beiden Patienten hoffen dürfen, die heute erstmals am TUM Klinikum mit „Donanemab“ behandelt wurden. „Eventuell ist die Wirkung von ,Donanemab‘ minimal stärker“, sagt Prof. Grimmer. „Dafür kommt es möglicherweise etwas öfter zu Nebenwirkungen.“ Bei beiden Wirkstoffen zählen dazu Schwellungen und Mikroblutungen im Gehirn. Die Herausforderung werde daher künftig darin bestehen, die für den einzelnen Patienten und die einzelne Patientin individuell beste Wahl des Medikaments zu treffen.
Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Demenzerkrankung: Etwa zwei Drittel der rund 1,8 Millionen Betroffenen in Deutschland (2) leiden an dieser fortschreitenden neurodegenerativen Erkrankung, die nach wie vor nicht heilbar ist. „Donanemab“ und „Lecanemab“ sind aber die ersten Medikamente, die den geistigen Abbau verzögern können: Bei beiden Wirkstoffen handelt es sich um „monoklonale Antikörper“. Moleküle also, wie sie auch das menschliche Immunsystem einsetzt, um z.B. Bakterien und Viren erkennen und abbauen zu können. Statt gegen Krankheitserreger richten sich „Donanemab“ und „Lecanemab“ allerdings gegen sogenannte Beta-Amyloide. Das sind Eiweiße, die Verklumpungen im Gehirn von Menschen mit Alzheimer bilden können und dadurch Nervenzellen schädigen.
„Diese Alzheimer-Plaques sind ein charakteristisches Phänomen der Erkrankung“, erklärt Prof. Grimmer. „Donanemab“ und „Lecanemab“ sollen diese Verklumpungen reduzieren. „Sie setzen in verschiedenen Stadien der Plaques-Bildung an.“ Beide können den Verlauf der Erkrankung um rund 30 Prozent verzögern – und damit auch den geistigen Abbau bremsen.
Schon heute wird am TUM Klinikum genau geprüft, für wen die Therapie infrage kommt. Zugelassen sind beide Wirkstoffe ausschließlich für Menschen in frühen Stadien der Alzheimer-Krankheit – eine Diagnose, die erst durch eine Nervenwasser-Untersuchung oder per Positronenemissionstomografie (PET) gesichert sein muss. Um Risiken zu minimieren, ist die Arznei zudem nur für Personen zugelassen, die nicht mehr als eine Kopie des ApoE4-Gens haben. Zusätzlich zu einem entsprechenden Gentest sind aus Sicherheitsgründen vor Beginn und im Verlauf der Behandlung regelmäßige Untersuchungen mit einem Magnetresonanztomografen (MRT) nötig.
Der Einsatz der neuen Medikamente setzt also viel Erfahrung und die nötige Ausstattung voraus. Sie werden daher zunächst nur in wenigen großen Zentren verfügbar sein. „Hier am TUM Klinikum Rechts der Isar sind wir für diese Behandlungen optimal aufgestellt“, sagt Prof. Grimmer. Schon seit Jahrzehnten widme man sich hier der Diagnostik und Therapie dementieller Erkrankungen. „Wir bieten die vollständige Diagnostik, die Behandlung und alle nötigen Sicherheitsuntersuchungen unter einem Dach an.“ Und: „Natürlich werden wir auch die Forschung weiter vorantreiben, um Patientinnen und Patienten mit dementiellen Syndromen die bestmögliche Behandlung bieten zu können.“ Dafür sind die Voraussetzungen am TUM Klinikum ideal: Auf dem Gelände entsteht derzeit der Neubau des Zentrums für Multiple Sklerose und Neurowissenschaften, dessen Fertigstellung für 2026 erwartet wird. Neben der Multiplen Sklerose sollen hier auch neurodegenerative Erkrankungen wie die Alzheimer-Krankheit erforscht werden.
Quellen:
(1) Sims JR et. al: JAMA, 2023 Aug 8;330(6):512-527. doi: 10.1001/jama.2023.13239. Epub 2022 Nov 29.
(2) https://www.deutsche-alzheimer.de/fileadmin/Alz/pdf/factsheets/infoblatt1_haeufigkeit_demenzerkrankungen_dalzg.pdf