„Der beste Schutz vor einem Schlaganfall ist das Vermeiden von Risikofaktoren“

„Der beste Schutz vor einem Schlaganfall ist das Vermeiden von Risikofaktoren“

Heute findet in München der Aktionstag gegen den Schlaganfall statt – anlässlich des Europäischen Schlaganfallkongresses, der morgen startet. Neben Expert*innen des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM) und des LMU Klinikums sind unter anderem auch Vertreter*innen der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft und der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe am Odeonsplatz von 11 bis 16 Uhr vor Ort. Unter ihnen: Dr. Silke Wunderlich, Oberärztin am Universitätsklinikum rechts der Isar und Leiterin der dortigen Stroke Unit. Sie sagt: „Der Rettungsdienst muss bei ersten Anzeichen eines Schlaganfalls rasch alarmiert werden.“ Ein Interview.

Wie schützt man sich am besten vor einem Schlaganfall?

Der beste Schutz vor einem Schlaganfall ist das Vermeiden bzw. das rechtzeitige Erkennen und die Behandlung von Risikofaktoren: Hierzu zählen insbesondere Bluthochdruck, Fettstoffwechsel-störungen, Diabetes mellitus, also die Zuckerkrankheit, Nikotin- und erhöhter Alkoholkonsum, zudem Fehlernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel. Man sollte zudem auf einen unregelmäßigen Herzschlag oder Symptome wie Herzstolpern oder Herzrasen achten, die Ausdruck eines Vorhofflimmerns sein können. Darunter versteht man eine Herzrhythmusstörung, die mit zunehmendem Lebensalter häufiger wird und für 20 bis 30 Prozent der Schlaganfälle verantwortlich ist. Laut einer Datenanalyse von mehr als 13.000 Schlaganfallpatient*innen in 32 Ländern sollen neun von zehn Schlaganfällen direkt oder indirekt mit dem Lebensstil zusammenhängen! Gesunde Ernährung  - also: mediterrane Kost, reduzierter Salzkonsum - , regelmäßige Bewegung, Vermeidung von Übergewicht, Rauchverzicht und wenig Alkohol tragen maßgeblich zur Schlaganfallvorbeugung bei. Oftmals ist jedoch auch eine medikamentöse Therapie der Risikofaktoren nötig, etwa mit Antihypertensiva, Cholesterinsenkern und Zuckermedikamenten. Beim Vorhofflimmern bietet die Einnahme von Blutverdünnern, von sogenannten  Antikoagulantien, den effektivsten Schutz, da das Schlaganfallrisiko hierdurch um etwa 60-70 Prozent gesenkt werden kann.

Was sind die ersten Anzeichen für einen Schlaganfall?

Der Schlaganfall äußert sich durch plötzliche neurologische Ausfallserscheinungen. Welche Symptome dabei auftreten, hängt maßgeblich vom betroffenen Hirnareal ab. Am bekanntesten ist sicherlich die klassische Halbseitenlähmung, bei der ein Arm und / oder ein Bein plötzlich schwach werden. Aber auch ein hängender Mundwinkel, die verminderte Gefühlswahrnehmung einer Körperseite, Störungen der Sprache oder in der Artikulation, Sehstörungen auf einem Auge oder nach einer Seite, Doppelbilder, Unsicherheit beim Gehen, Schwindel oder Bewusstseinsstörungen können Anzeichen eines Schlaganfalls sein. Dabei ist klinisch nicht zu unterscheiden, ob es sich – um den mit 85 Prozent häufigeren – ischämischen Schlaganfall, also einen Hirninfarkt, infolge einer Durchblutungsstörung handelt oder eine Hirnblutung, bei der ein hirnversorgendes Gefäß reißt. Dies gelingt nur mittels Schnittbildgebung des Gehirns, also mittels einer Computer- oder Kernspintomographie. Das wiederum ist aber entscheidend für die weitere Therapie. Der Rettungsdienst muss bei ersten Anzeichen eines Schlaganfalls rasch alarmiert werden, um eine sofortige Weiterbehandlung auf einer Schlaganfallspezialeinheit, also auf einer Stroke Unit, zu gewährleisten. Und selbst wenn die Symptome nur vorübergehend für wenige Minuten auftreten – wir sprechen von einer sogenannten TIA, einer transitorisch ischämischen Attacke – ist eine rasche Abklärung erforderlich, da eine TIA einem manifesten Schlaganfall vorausgehen kann.

Wenn ein Schlaganfall passiert ist: Wie vermeidet man am besten Folgeschäden?

Bei der akuten Schlaganfalltherapie spielt der Faktor Zeit eine wichtige Rolle – Stichwort „Time is brain“: Je früher behandelt wird, umso größer sind die Chancen von Patient*innen, den Schlaganfall mit keinen oder wenig Symptomen zu überstehen. Durch eine umgehende Einweisung des Betroffenen auf eine Stroke Unit kann innerhalb weniger Minuten entschieden werden, ob eine rekanalisierende – „das Gefäß wiedereröffnende“ – Akuttherapie mittels intravenöser Lysetherapie und bzw. oder einer mechanischen Thrombektomie möglich ist.  Eine Lysetherapie kann innerhalb der ersten viereinhalb Stunden, im Einzelfall bis neun Stunden, nach Beginn der Symptome eingeleitet werden. Hierbei wird ein Blutgerinnsel auflösendes Medikament als Infusion verabreicht, um so das verstopfte Gefäß im Gehirn aufzulösen. In etwa 10 Prozent der Schlaganfälle ist ein großes hirnversorgendes Gefäß verschlossen, dann können hierauf spezialisierte Neuroradiolog*innen das Gerinnsel mittels minimalinvasiver Katheterverfahren, einer sogenannten Thrombektomie, noch bis zu 24 Stunden nach Auftreten des Schlaganfalls entfernen. Aber auch hier gilt: Je schneller therapiert wird – am besten innerhalb der ersten 6 Stunden –, desto erfolgversprechender ist die Methode. Und selbst wenn der genaue Zeitpunkt des Schlaganfalls nicht bekannt ist, etwa weil er im Schlaf aufgetreten ist, ist es wichtig, rasch zu handeln. Manchmal bestehen auch hier noch Möglichkeiten einer Rekanalisationsbehandlung. Die nachfolgende Therapie auf einer Stroke Unit dient dem Vermeiden von Komplikationen und der raschen Abklärung der Schlaganfallursache. Die frühe Einleitung einer meist medikamentösen Sekundärprophylaxe ist maßgeblich, um Folgeschlaganfälle und damit weitere Schäden des Gehirns zu verhindern.

Aktionstag gegen den Schlaganfall

23. Mai 2023 am Odeonsplatz in München

11:00-16:00 Uhr

Veranstalter: Landeshauptstadt München, Gesundheitsreferat (GSR)

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