Übertherapie bei Brustkrebs vermeiden
Übertherapie bei Brustkrebs vermeiden
TK übernimmt die Kosten für Gentest - als erste Krankenkasse Vertrag mit dem Klinikum rechts der Isar unterzeichnet
Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs. Die Tumore unterscheiden sich teilweise stark hinsichtlich ihres Potentials, Metastasen auszubilden, und müssen daher auch unterschiedlich behandelt werden. Nur bei aggressiven Tumoren ist eine Chemotherapie sinnvoll. So bietet eine Chemotherapie bei etwa 20 bis 40 Prozent der Patientinnen – allein in Deutschland sind das 10.000 bis 20.000 Frauen im Jahr – keinen zusätzlichen Nutzen, die Betroffenen leiden aber unter den erheblichen Nebenwirkungen. Wenn das Risiko für Metastasen oder einen Rückfall gering ist, kann auf die Chemotherapie verzichtet werden. Um herauszufinden, ob bei einer Patientin eine Chemotherapie notwendig ist oder ob eine Anti-Hormonbehandlung ausreicht, kann ein so genannter Genexpressionstest durchgeführt werden. In der Frauenklinik am Klinikum rechts der Isar der TU München wird der Tumor mit dem Genexpressionstest EndoPredict analysiert. „Mit den Genexpressionstests steht uns Gynäkologen ein diagnostisches Werkzeug zur Verfügung, um Patientinnen mit Brustkrebs noch passgenauer und individueller zu versorgen“, sagt Professor Dr. Marion Kiechle, Direktorin der Frauenklinik.
Das Klinikum hat nun mit der Techniker Krankenkasse (TK) eine Vereinbarung geschlossen, damit Brustkrebspatientinnen, die bei der TK versichert sind, den Test kostenfrei in Anspruch nehmen können. Bisher mussten gesetzlich Versicherte einen Antrag auf Kostenübernahme bei ihrer Krankenkasse stellen und je nach Entscheid die Kosten dafür selbst tragen. „Ziel des Vertrages ist es, betroffene Frauen besser in die Entscheidung über ihre Therapie einzubinden und den Brustkrebs gezielter und schonender zu behandeln“, erklärt Christian Bredl, Leiter der TK-Landesvertretung Bayern. „Ob die Patientin auf die Chemotherapie verzichtet, entscheidet sie gemeinsam mit ihrem Arzt und auf der Grundlage der medizinischen Empfehlungen“, so Bredl.
Im Brustzentrum des Klinikums rechts der Isar besprechen die Fachärzte jeden Fall einer Brustkrebspatientin in einer interdisziplinären Tumorboard-Konferenz und sprechen eine individuelle Therapieempfehlung aus. Auch der behandelnde Gynäkologe ist eng in die Behandlung eingebunden und nimmt am Tumorboard teil. Er bespricht anschließend das Testergebnis und die Therapieempfehlung mit seiner Patientin. Für die Patientinnen bedeutet dies eine individuelle, auf sie abgestimmte Therapie und Nachsorge.
Prof. Marion Kiechle hält das Angebot der TK für die betroffenen Patientinnen für beispielhaft: „Ich bin zuversichtlich, dass künftig weitere Krankenkassen dem Vorbild der Techniker Krankenkasse folgen werden und unseren Patientinnen den Test unbürokratisch und kostenlos ermöglichen.“
Der EndoPredict-Test:
EndoPredict ist ein Prognosetest für Brustkrebs-Patientinnen. Er identifiziert die Patientinnen-Gruppe, die zu 96 Prozent keinen Rückfall erleiden werden und daher ohne eine belastende Chemotherapie optimal behandelt werden können. Anhand einer Gewebeprobe des Tumors wird die Aktivität von zwölf Genen untersucht und so die Aggressivität des Tumors bestimmt. Eingesetzt wird der Test bei den Patientinnen, bei denen die üblichen Untersuchungsmethoden keine eindeutige Entscheidung für oder gegen eine Chemotherapie zulassen. Insgesamt erlaubt der Test, etwa einem Drittel weniger Patientinnen eine Chemotherapie zu verabreichen. Diesen Frauen werden somit belastende Nebenwirkungen und Spätfolgen erspart. Die präzise Aussagekraft von EndoPredict wurde in drei großen klinischen Studien mit mehr als 2.200 Teilnehmern belegt.