Wenn eine Operation an der Wirbelsäule unumgänglich ist, sind Betroffene am Wirbelsäulenzentrum des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München in besten Händen. „Wir können die Patienten immer effektiver behandeln und ihre Lebensqualität oft entscheidend verbessern“, sagt Prof. Dr. Bernhard Meyer, Direktor der Klinik für Neurochirurgie und Leiter des Wirbelsäulenzentrums. „Neue Technologien wie Künstliche Intelligenz oder Robotik werden die Arbeit der Wirbelsäulenchirurgen in den nächsten Jahren massiv verändern.“ Schon jetzt profitieren Patientinnen und Patienten vom rasanten Fortschritt. Sechs exemplarische Entwicklungen und neue Erkenntnisse der Wirbelsäulenchirurgie, die unseren Patientinnen und Patienten das Leben deutlich leichter machen.

OP-Roboter Cirq ist High-Tech der neuesten Generation. Sein Roboterarm sorgt für höchste Präzision beim Bohren während einer Wirbelsäulen-OP. „Wir nutzen das System z.B., um Schrauben zur Stabilisierung der Wirbelsäule perfekt zu positionieren“, sagt Prof. Dr. Sandro Krieg, Neurochirurg am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München. Direkt im OP-Saal wird ein dreidimensionales Röntgenbild aufgenommen. Ein Neurochirurg entscheidet über die ideale Position der Schrauben in der Wirbelsäule. Dann berechnet der Computer den optimalen Bohrkanal und steuert den Roboterarm millimetergenau. „Die Bohrhülse ist auf den Millimeterbruchteil genau ausgerichtet und wird vom Roboter exakt in dieser Position gehalten“, erklärt Prof. Krieg. So kann sich der Operateur aus Fleisch und Blut ganz auf die Operation und den eigentlichen Bohrvorgang konzentrieren.
Eine Spinalkanalstenose, also ein eingeengter Wirbelkanal, ist schmerzhaft und kann mit neurologischen Ausfällen einhergehen. Die Patientin oder der Patient muss meist operiert werden. Der Neurochirurg erweitert den Wirbelkanal und befreit die Nerven von dem schmerzhaften Druck, den die Verengung hervorgerufen hatte. Bei dieser Dekompressions-OP wurde in der Regel eine zusätzliche Versteifung mit Stäben und Schrauben vorgenommen. Dies ist nun bei einem Großteil der Patientinnen und Patienten nicht mehr nötig. „Das hat eine große Studie gezeigt, die im New England Journal of Medicine veröffentlich wurde“, sagt Neurochirurg Prof. Dr. Sandro Krieg. „Unsere Patienten profitieren von einem kleineren Eingriff und einer kürzeren Rehazeit.“
Mit dem High-Tech-System „Magec Rod“ bleiben Kindern, die an einer Skoliose (Verkrümmung der Wirbelsäule) leiden, viele Operationen erspart. Bislang wurden den jungen Patientinnen und Patienten Stäbe und Schrauben zum Strecken und Stabilisieren der Wirbelsäule implantiert. Diese mussten in aufwändigen Operationen immer wieder neu versetzt werden. Das innovative System besteht vereinfacht gesagt aus zwei Teleskopstangen aus Titan, die mit Schrauben am oberen und unteren Ende der Wirbelsäule befestigt werden. „Die Stangen können mit Magnettechnik per Fernbedienung verstellt werden – ganz ohne Operation", erklärt Neurochirurg Prof. Dr. Heiko Koller. Die Patientin oder der Patient liegt auf dem Bauch, der Spezialist legt die Fernbedienung von außen an die Wirbelsäule an und stellt die Stablänge neu ein. Dieses Vorgehen wird alle zwei bis sechs Monate wiederholt, bis die Wirbelsäule begradigt ist und die Teleskop-Stäbe wieder entfernt werden können bzw. von herkömmlichen Stäben zur dauerhaften Stabilisierung ersetzt.
Eine Kombination aus 3-D-Brille und Mikroskop-System ermöglicht eine deutlich bessere Sicht auf das oftmals nur zwei bis drei Zentimeter große OP-Feld bei Operationen an der Wirbelsäule. Der Operateur überträgt mit einer 3-D-Brille Bilder in 4k-Qualität (Ultra-HD) auf ein Mikroskop-System, das direkt über den OP-Tisch hängt. So hat das ganze OP-Team ideale Sicht auf das OP-Feld und mehr Bewegungsfreiheit. „Zusätzlich kann man noch mehr Informationen auf den Bildschirm einblenden lassen, wie die genaue Lage des Wirbelkanals oder die Lokalisierung eines Tumors“, erklärt Prof. Dr. Sandro Krieg.
Sliding Gantry heißt das Schienensystem des intraoperativen Computertomografen (CT) im neuen, hochmodernen OP Zentrum Nord des Klinikums rechts der Isar. Auf Schienen wird die CT-Anlage direkt über die Patientin oder den Patienten gefahren und liefert noch während der Operation exakte Bilder. So können die Neurochirurgen z.B. noch im OP-Saal kontrollieren, ob sich Implantate exakt in der gewünschten Position befinden und falls nötig sofort nachjustieren. Ein anderes Einsatzgebiet sind etwa Tumor-OPs. Mit dem fahrbaren CT überprüfen die Operateure, ob sie den Tumor vollständig entfernt haben. „Falls nicht, können wir sofort weiterarbeiten und die CT-Bilder als Basis für spezielle OP-Navigationssystems nutzen“, erklärt Prof. Dr. Bernhard Meyer, Klinikdirektor der Neurochirurgie. „Diese sogenannte intraoperative Bildgebung ermöglicht es uns, unsere Patienten noch sicherer zu operieren und optimale Ergebnisse zu erzielen.“
Eine Alternative zur herkömmlichen Versteifung der Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen ist die sogenannte dynamische Stabilisierung (Dynorfuse-Verfahren). „Stäbe und Schrauben sind mit einem Gelenk verbunden, das eingeschränkten Bewegungsspielraum zulässt. Dadurch bleibt ein gewisses Maß an Beweglichkeit in den betroffenen Wirbeln und die Funktion der Bandscheibe erhalten, erklärt Prof. Dr. Bernhard Meyer, unter dessen Leitung in einer großen Studie die Überlegenheit der dynamischen Stabilisierung von bis zu drei Wirbelkörpern im Vergleich zu einer klassischen Versteifung (Fusion) nachgewiesen wurde. Die Vorteile für Patientinnen und Patienten: die Operation ist kürzer und weniger aufwändig, das reduziert die Reha-Phase und Betroffene erholen sich schneller.