Bauchspeicheldrüsenkrebs zählt zu den aggressivsten Krebserkrankungen – und weltweit steigt die Zahl der Betroffenen. Auch immer mehr jüngere Menschen erkranken an Pankreaskrebs. Zum 10. Weltpankreaskrebstag am 16. November will man am Universitätsklinikum rechts der Isar daher ein Zeichen setzen: Mit Einbruch der Dunkelheit wird das Klinikum lila beleuchtet, der Farbe des Weltpankreaskrebstages. Bereits am Nachmittag klären Expertinnen und Experten des Klinikums zu Therapien und Prävention auf. Denn: Auch der Lebensstil beeinflusst das Risiko.
"Pankreaskrebs ist eine Erkrankung, die vor allem ältere Menschen betrifft“, sagt Univ.-Prof. Dr. med. Helmut Friess, Direktor der Klinik und Poliklinik für Chirurgie am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM). Die meisten Betroffenen sind bei der Diagnose über 70 Jahre alt. Was der Experte jedoch auch beobachtet: „Im Vergleich zu früher sieht man heute mehr jüngere Patientinnen und Patienten.“ Der Grund dafür ist unklar. Eine Ursache könnte die generell weltweit steigende Zahl an Patient*innen mit Pankreaskrebs sein. Denn: Trifft es insgesamt mehr Menschen, steigt damit zwangsläufig auch die Zahl jüngerer Betroffener.
Moderner Lebensstil spielt eine Rolle
Doch warum erkranken heute mehr Menschen an Bauchspeicheldrüsenkrebs als früher? Pankreasexperte Friess hat unseren modernen Lebensstil im Verdacht. So gelte es als gesichert, dass Rauchen, egal ob aktiv oder passiv, das Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs erhöht. Und: „In unserer modernen Welt bewegen sich auch viele Menschen viel zu wenig und ernähren sich nicht gesund“, sagt Friess. „Unser Lifestyle mit Übergewicht und reichlich Alkohol sind mit großer Wahrscheinlichkeit wichtige Faktoren, die zur Zunahme des Pankreaskrebses in jeder Altersklasse beitragen.“ Sein Rat daher: „Gesund leben. Ich weiß, das ist leichter gesagt als getan.“ Doch wer aufs Rauchen verzichtet, sich ausgewogen ernährt, Übergewicht vermeidet und jeden Tag auf ausreichend Bewegung achtet, kann sein Risiko für Pankreaskrebs aktiv senken – und zugleich auch das für viele weitere Erkrankungen.
Zu den typischen Anzeichen von Pankreaskrebs zählen Verdauungsbeschwerden und Stuhlveränderungen sowie Schmerzen im Oberbauch, die bis in den Rücken ausstrahlen können. Oft verlieren Betroffene auch den Appetit, nehmen so ungewollt stark ab. Auch Magenschmerzen, Gelbsucht und ein neu aufgetretener Diabetes mellitus („Zuckerkrankheit“) können auf Pankreaskrebs hinweisen. Aber: Viele dieser Symptome können ebenso andere, oft auch harmlose Ursachen haben. Technische Weiterentwicklungen im Bereich der Bildgebung erleichtern heute eine sichere Diagnose.
Schritt für Schritt zu einer besseren Prognose
Verbesserungen gibt es auch in der Therapie: „Auch kleine Fortschritte in der Chemotherapie helfen uns, die Prognose von Pankreaskrebs-Patienten*innen zu verbessern“, sagt Friess. So lassen sich Pankreastumore, die sehr groß sind und in Blutgefäße einwachsen, nur schwer operativ entfernen. Eine Chemotherapie vor dem Eingriff kann solche Tumore verkleinern – und so doch noch eine Operation ermöglichen.
„Die Entfernung des Tumors in Kombination mit einer Chemotherapie ist heute der Schlüssel für die Heilung des Pankreaskrebses“, sagt Friess. „Auch bei der operativen Entfernung des Pankreaskrebs haben wir deutliche Fortschritte erzielt.“ So ist das Risiko, die Operation nicht zu überleben, deutlich gesunken. Voraussetzung dafür: Patient*innen lassen sich in zertifizierten Pankreaszentren operieren: „Hier werden jedes Jahr viele Pankreasoperationen von nur wenigen spezialisierten Chirurg*innen durchgeführt“, erklärt Friess – entsprechend hoch ist deren Erfahrung. Das gilt für das gesamte Team: So sind auch nach der Operation die Überlebenschancen in einem Pankreaszentrum für Patient*innen deutlich höher.
„Der Schlüssel für die weitere Verbesserung der Prognose beim Pankreaskrebs liegt in der Forschung“, sagt Friess. „Nur wenn wir die Biologie des Pankreaskrebses besser verstehen und ihn so früher erkennen und effektiver medikamentös behandeln können, werden wir das Leben von vielen Pankreaskrebs-Patienten*innen deutlich verlängern.“
Ein verlässlicher Blutwert zur Früherkennung fehlt
Denn auch beim Pankreaskrebs gilt: Eine frühe Diagnose verbessert die Chancen der Betroffenen. Das Problem: „Es gibt keine spezifischen Frühsymptome“, sagt Friess. Wenn der Krebs zu wachsen beginne, hätten die meisten Patient*innen noch keine Beschwerden. Zeigen sich indes erste Anzeichen, ist die Tumorerkrankung meist schon weiter fortgeschritten. Trotz vieler Forschungsanstrengungen sei es noch nicht gelungen, einen Blutwert zu finden, mit dem sich Pankreaskrebs verlässlich früh erkennen ließe. „Häufig fehlt auch das Geld, solche Forschung nachhaltig zu fördern und sehr motivierte Forscher*innen zu unterstützen“, beklagt Friess. „Auch aus diesem Grund haben wir die Stiftung Chirurgie der TU München ins Leben gerufen – um Geld auch für die Pankreaskrebsforschung zu sammeln.“