Klinikum rechts der Isar an der Entwicklung der weltweit ersten zielgerichteten Therapie des Pankreaskarzinoms beteiligt
Klinikum rechts der Isar an der Entwicklung der weltweit ersten zielgerichteten Therapie des Pankreaskarzinoms beteiligt
Das Klinikum rechts der Isar war an der weltweit ersten zielgerichteten Therapie des Pankreaskarzinoms beteiligt. Die Ergebnisse dieser internationalen Studie wurden kürzlich auf dem amerikanischen Krebskongress in Chicago erstmals vorgestellt und aufgrund ihrer Relevanz nun im Schnellverfahren im New England Journal of Medicine veröffentlicht.
Das Pankreaskarzinom wird in der überwiegenden Zahl der Fälle im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert, wo nur noch der Einsatz von Chemotherapeutika in Frage kommt. Chemotherapeutika wirken nicht nur auf Krebszellen, sondern auch auf gesunde Zellen und lösen damit ernstzunehmende Nebenwirkungen aus. Obwohl in den letzten Jahren wesentliche Erkenntnisse zur genetischen Grundlage des Pankreaskarzinoms gewonnen werden konnten, gelang es bisher nicht, eine zielgerichtete, effektive Therapie zu etablieren, die deutlich weniger Nebenwirkungen besitzt als die konventionelle Chemotherapie.
Prof. Hana Algül (Mitte, hinten) und Team / Foto: A. Heddergott
Genveränderung in seltenen Fällen Ursache für Pankreaskarzinom
Für die meisten Fälle des Pankreaskarzinoms sind die Ursachen nicht bekannt. Ganz selten liegt dem Bauchspeicheldrüsenkrebs eine Vererbung zugrunde. Eine bei etwa 5 bis 9 Prozent aller Betroffenen vorliegende Ursache ist das sogenannte BRCA-Gen, das typischerweise auch beim erblich bedingten Brust- und Eierstockkrebs krankheitsauslösend ist. Veränderungen dieses Gens führen dazu, dass spontan auftretende Veränderungen des Erbguts nicht mehr adäquat korrigiert werden können und daher Krebs entstehen kann. Die daraus entstandenen Tumorzellen reagieren sehr anfällig auf Chemotherapeutika, sogenannte Platin-Derivate, die das Erbgut zerstückeln können. Diese Chemotherapeutika sind zwar sehr wirksam, haben aber wesentliche Nebenwirkungen wie Nervenschädigungen und können die Lebensqualität deutlich beeinträchtigen.
Zusätzliches Medikament verstärkt Wirkung der Chemotherapie deutlich
Aus Studien zum erblich bedingten Brust- und Eierstockkrebs weiß man, dass die Substanzklasse der sogenannten PARP-Hemmer (Hemmstoffe des Enzyms Poly-ADP-Ribose-Polymerase) nach einer vorausgehenden Platin-Therapie eine nachhaltige Antitumorwirkung entfalten kann.
Daher wurde in der aktuellen Studie der Stellenwert dieser Substanzen bei Patienten mit Pankreaskarzinom, bei denen eine Vererbung bestimmter BRCA-Mutationen vorliegt, getestet. Die Ergebnisse waren sehr vielversprechend: Sie zeigen, dass Patienten mit der BRCA-Mutation über einen sehr langen Zeitraum mit den sehr gut verträglichen PARP-Hemmern weitgehend tumorfrei bleiben. „Das sind Ergebnisse, die wir so bisher beim Pankreaskarzinom noch nicht erlebt haben. Diese Studie zeigt auch, wie wichtig es ist, über die klassische Diagnose hinaus genetische Testungen vorzunehmen, um Patienten zu identifizieren, die möglicherweise von einer gezielten Therapie profitieren“, sagt Prof. Algül, Direktor des Krebszentrums am Klinikum rechts der Isar und Verantwortlicher für die Studie, die in der Medizinischen Klinik II durchgeführt wurde. Diese Studie stehe auch für den Zeitenwandel in der Tumormedizin, so Prof. Algül. Er sagt: „Diagnostik und Therapie in der Krebsmedizin werden immer komplexer, teurer und individueller, eröffnen aber auch neue Wege für Patienten. Die neuen Ansätze erfordern allerdings ein Maximum an Zusammenarbeit und fachübergreifender Expertise. Die Identifikation solcher genetischer Mutationen ist im übrigen nicht nur sehr wichtig für die Patienten, sie hat auch eine unmittelbare Relevanz für Familienangehörige, weil sie deren Risiko, ein Pankreaskarzinom zu entwickeln, aufzeigt.
Publikation:
Golan T, Hammel P, Reni M, et al. Maintenance olaparib for germline BRCA-mutated metastatic pancreatic cancer [published online June 3, 2019]. N Engl J Med. doi: 10.1056/NEJMoa1903387