Pankreaskarzinom selten, aber aggressiv
Das pankreatische duktale Adenokarzinom (PDAC), kurz Pankreaskarzinom, ist der häufigste Tumor der Bauchspeicheldrüse. Mit einem Anteil von etwa drei Prozent aller Krebserkrankungen in Deutschland ist er zwar selten, dafür aber besonders aggressiv. Durch die komplexe anatomische Lage der Bauchspeicheldrüse wird er zumeist erst spät durch Symptome wie Gelbsucht oder eine neu aufgetretene Zuckerkrankheit entdeckt. Häufig hat sich der Tumor bereits bei Diagnosestellung auf andere Organe ausgeweitet und gilt dann als nicht mehr heilbar.
Verbesserte Diagnostik – angenehmer für Patienten
Angesichts der schlechten Prognose wäre es hilfreich, möglichst präzise abgestimmte Therapien zu entwickeln. Doch gerade darin liegt die Schwierigkeit. In seiner Struktur ist das Karzinom nämlich äußerst heterogen: Es besteht aus mehreren, sehr unterschiedlichen Zellgruppen. Man klassifiziert sie über Gewebeproben, die operativ oder per Feinnadelbiopsie entnommen werden – beides invasive und potenziell komplikationsträchtige Eingriffe. Priv.-Doz. Dr. Rickmer Braren, geschäftsführender Oberarzt, und Dr. Georgios Kaissis, Facharzt für Radiologie und Informatiker, haben nun am Institut für Radiologie des Klinikums rechts der Isar einen alternativen Weg zur Diagnostik des Tumors eröffnet – und der ist für Patienten erheblich angenehmer.
In vielen Stunden Forschungsarbeit entwickelten die beiden Wissenschaftler einen Algorithmus, der das Pankreaskarzinom anhand von MRT-Aufnahmen nach Tumor-Untertypen klassifizieren kann, die erst seit einigen Jahren bekannt sind und eine große Auswirkung auf das Überleben der Patientinnen und Patienten haben. Der Algorithmus lernt hierbei direkt aus den Bilddaten der diffusionsgewichteten MRT. Das ist ein Verfahren, das ohne die Injektion von Kontrastmittel auskommt und mit hoher Empfindlichkeit verschiedene Gewebezusammensetzungen in einem Tumor unterscheiden kann. „Die Daten stammen aus dem radiologischen Bildarchiv und dem Institut für Pathologie am Klinikum rechts der Isar. Die lange Tradition der Pankreaschirurgie, unsere hervorragende Zusammenarbeit mit Chirurgen, Internisten und Pathologen und die Expertise unseres Hauses in der Behandlung dieser Tumorerkrankung erlaubt uns den Zugriff auf exzellente Daten, die für die Entwicklung solcher Algorithmen unabdingbar sind“, erklärt Rickmer Braren das Vorgehen. „Die Sensitivität unseres Algorithmus liegt weit über der von menschlichen Spezialisten.“
Pakreaskrebs: Große Expertise am MRI
Weil man aus klinischen Studien bereits weiß, dass die zwei Subtypen unterschiedlich auf die zur Verfügung stehenden Chemotherapien ansprechen, lässt sich nun mittels Computer vorhersagen, welche besser wirken wird. „Wir haben die Ergebnisse der Bildgebung anschließend mit den Überlebensraten der Patienten kombiniert und konnten daraus Rückschlüsse auf den voraussichtlichen Krankheitsverlauf ziehen“, so Braren. Für Arzt und Patient sind dies wichtige Anhaltspunkte bei der Therapieentscheidung. Denn die Chemotherapien beim Pankreaskarzinom sind sehr belastend, die Ansprechraten eher gering. „Speziell Patienten in einem höheren Lebensalter wollen wir diese Chemotherapien nur zumuten, wenn sie davon nicht nur durch eine Lebensverlängerung, sondern auch durch eine Lebensverbesserung profitieren“, erklärt er.
Auch zur Früherkennung bei genetisch oder familiär vorbelasteten Personen und zur Beobachtung der häufig von Tumorvorläufern in der Bauchspeicheldrüse, sogenannten IPMN-Läsionen, wird sich diese wenig aufwändige, nicht-invasive Diagnostik künftig einsetzen lassen. Und für die Forschung steht mit dem Algorithmus möglicherweise ein Werkzeug zur Verfügung, um neue Medikamente effektiv zu testen.