Neue Antikörper-Therapie bei Covid-19: „Schwere Verläufe werden bis zu mehr als 80 Prozent verhindert“
Neue Antikörper-Therapie bei Covid-19: „Schwere Verläufe werden bis zu mehr als 80 Prozent verhindert“
In der Corona-Pandemie könnte eine neue Therapie künftig schwere Verläufe bei Covid-19 und viele Krankenhausaufenthalte verhindern und damit das Gesundheitssystem entlasten. Am Universitätsklinikum rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM) werden die neutralisierenden Antikörper bereits seit Monaten erfolgreich bei stationären Patient*innen eingesetzt. Seit Kurzem wurde das Angebot des Antikörperzentrums auch für ambulante Patient*innen ausgebaut. Diese Form der Therapie schützt vor allem chronisch kranke Menschen, die auf eine aktive Impfung nicht ausreichend ansprechen, sehr wirksam vor einem schweren Covid-19-Verlauf: Solche Verläufe werden bis zu mehr als 80 Prozent verhindert.
Die neue Therapie ist bald breitenwirksam verfügbar
„Mit der Zulassung durch die Europäische Arzneimittelbehörde EMA am 12. November können die neutralisierenden Antikörper in einem frühen Krankheitsstadium nun breit eingesetzt werden“, sagen Privatdozent Dr. Christoph Spinner, Infektiologe und Pandemiebeauftragter des Universitätsklinikums rechts der Isar, und sein Kollege, Privatdozent Dr. Jochen Schneider, der am Universitätsklinikum die neue Covid-19-Ambulanz für monoklonale Antikörper-Therapie leitet. Mit den aktuell stark steigenden Patientenzahlen, insbesondere auch in Bayern, ist diese Therapie den Experten zufolge für viele Menschen sinnvoll und soll daher auch möglichst bald breitenwirksam verfügbar gemacht werden: „Hierzu teilen wir unsere Kompetenz und unsere Erfahrungen aus der Universitätsmedizin gern mit Kolleg*innen aus anderen Krankenhäusern, um gemeinsam erfolgreich die Pandemie zu bekämpfen.“
Die Antikörper stoppen die Virusvermehrung im Körper
Bei der Therapie handelt es sich im Grunde um hochspezialisierte Abwehrstoffe, die als sogenannte „passive Impfung“ eingesetzt werden. „Im Labor hergestellte neutralisierende Antikörper können das Virus SARS-CoV-2 inaktivieren, also de facto Schachmatt setzen“, erklärt Spinner. Man könne sie intravenös oder subkutan, sprich unter die Haut, spritzen. Die Antikörper wirken antiviral; sie verhindern, dass die Viren in menschliche Zellen eindringen und stoppen somit die Virusvermehrung. Experten zufolge ist aber entscheidend, dass die Antikörper innerhalb der ersten sieben Tage nach Symptombeginn verabreicht werden, ambulant oder stationär in der Klinik. Denn nur so könnten sie ihr volles Wirkungspotential entfalten. Bei einem späteren Einsatz ist die Wirksamkeit demnach nicht mehr sinnvoll. Studien haben hier gezeigt, dass dann das überschießende Immunsystem für die schweren Verläufe ursächlich ist, nicht mehr SARS-CoV-2 selbst. „Die Patient*innen vertragen die einmalig zu verabreichende Therapie sehr gut“, bestätigt Schneider. „Relevante Nebenwirkungen sind äußerst selten.“
Die Abgabe und Verteilung der Antikörper erfolgt über die Apotheken der Universitätskliniken oder über die sogenannten STAKOB-Zentren. Alle anderen Fachärzt*innen können die Antikörper bestellen und ihren Patient*innen verabreichen. „Wir als Universitätsklinik wollen unsere Erfahrungen der Hochschulmedizin jetzt rasch teilen, damit möglichst viele Menschen von diesem Wissen und dieser neuen Therapie profitieren“, sagen Spinner und Schneider.
Die „passive Impfung“ kann sogar vorbeugend erfolgen
Vor allem Menschen mit chronischen Erkrankungen oder mit einer Immunschwäche können von der Antikörper-Therapie besonders profitieren, da sie oft nicht auf eine aktive Impfung ausreichend ansprechen – aber dennoch ein hohes Risiko haben, einen schweren Covid-19-Verlauf zu erleiden. „Die neue Therapie verhindert schwere Verläufe bis zu mehr als 80 Prozent“, sagt Spinner. Sie ist letztlich eine passive Impfung, weil man im Labor hergestellte Antikörper von außen injiziert.
Diese Therapie kann sogar prophylaktisch erfolgen oder unmittelbar nach Kontakt mit SARS-CoV-2 - was auch insbesondere für chronisch kranke Menschen ein wichtiger Schutz sein kann. Konkretes Beispiel: Eine Risikopatientin oder ein Risikopatient lebt im gleichen Haushalt wie jemand, der gerade sein positives Testergebnis bekommen hat. Für den vorbeugenden Einsatz dieser Therapie müssen allerdings noch gesetzliche Rahmenbedingungen angepasst werden.
Weitere Informationen zur Antikörpertherapie finden sich auch in einem Übersichtsartikel im Deutschen Ärzteblatt, an dessen Erstellung Privatdozent Dr. Christoph Spinner maßgeblich beteiligt war.
Schwere Covid-19-Fälle und damit viele Krankenhausaufenthalte verhindern: Dabei könnte eine neue Antikörper-Therapie helfen, die am Universitätsklinikum rechts der Isar jetzt auch ambulanten Patient*innen angeboten wird. Diese Form der Therapie schützt vor allem chronisch kranke Menschen, die auf eine aktive Impfung nicht ausreichend ansprechen, sehr wirksam vor einem schweren Verlauf. Symbolbild: pixabay