Zum Weltkrebstag am 4. Februar - Patient Empowerment: Den eigenen Weg finden
Zum Weltkrebstag am 4. Februar - Patient Empowerment: Den eigenen Weg finden
Jährlich erkranken in Deutschland rund 510.000 Menschen neu an Krebs. Sie haben vor allem einen Wunsch: gesund zu werden und dabei beschwerdefrei durch die Therapie zu kommen. Das gelingt am besten, wenn die Patient*innen sich in die Behandlung eingebunden fühlen und aktiv zu ihrer Genesung beitragen können. Das Comprehensive Cancer Center München (CCCM) hat in Kooperation mit der Bayerischen Krebsgesellschaft daher das sogenannte Patient Empowerment zum Thema des diesjährigen Weltkrebstags am 4. Februar gemacht.
Der Experte im weißen Kittel auf der einen Seite, der passive Patient auf der anderen. Dieses traditionelle Rollenverständnis hat allmählich ausgedient. Als größte ungenutzte Ressource im Gesundheitssystem rückt zunehmend der Patient als Individuum in den Fokus. Das mit dem englischen Begriff „Patient Empowerment“ bezeichnete neue Verständnis zielt darauf ab, die Stellung des Patienten durch Information, Mitwirkung und Mitentscheidung zu verbessern und ihm eine aktive Rolle in seinem Heilungsprozess zu geben.
Personalisierte Behandlung, individualisierte Aufklärung
Doch die Grundlage einer erfolgreichen Krebstherapie ist und bleibt die bestmögliche medizinische Behandlung, wie sie in onkologischen Spitzenzentren zu finden ist, so Prof. Hana Algül, geschäftsführender Direktor des Comprehensive Cancer Center München (CCCM) am Klinikum rechts der Isar der TUM. Auch dort hat ein tiefgreifender Wandel stattgefunden – von einer generalistischen zur personalisierten Behandlung. So individualisiert wie die Therapie sollen darum auch Informationen und Beratung sein, die Betroffene in ihrer Klinik erhalten. „Wir wissen aus Studien, dass Krebspatient*innen, die gut in die Therapieentscheidung eingebunden sind und individuell über die Behandlung sowie unterstützende Maßnahmen aufgeklärt wurden, größere Behandlungserfolge und bessere Heilungschancen haben“, sagt Algül.
Um den Dialog zwischen Ärzten und Patient*innen zu fördern und zu verbessern ist das CCCM, in dem die beiden Münchner Universitätsklinika und das Tumorzentrum München ihre Expertise gebündelt haben, einen wichtigen Schritt gegangen. Gemeinsam haben sie mit dem Patientenbeirat eine Einrichtung geschaffen, in der sich Ärzt*innen, Patient*innen und Angehörige regelmäßig über ihre Fragen und Probleme austauschen.
Maßgeschneiderte Sporttherapie
Aufklärung ist das eine, viele Krebserkrankte möchten jedoch auch aktiv zu ihrer Genesung beitragen. Sie vertrauen auf Sport, Ernährung oder Naturheilkunde, um wieder Kraft und neues Vertrauen in ihren Körper zu gewinnen – und liegen damit genau richtig. „Eine Krebsdiagnose setzt Patient*innen körperlich und psychisch extrem zu. Körperliche Aktivität holt sie aus ihrer Schockstarre. Eine maßgeschneiderte Sporttherapie und angepasste Ernährung ermöglichen Betroffenen, das Heft wieder ein Stück weit selbst in die Hand zu nehmen und eigenverantwortlich an ihrer Genesung mitzuwirken“, sagt Prof. Martin Halle, Direktor des Lehrstuhls und der Poliklinik für Präventive und Rehabilitative Sportmedizin am Klinikum rechts der Isar. Bereits 2008 hat er am Universitätsklinikum eine Spezialambulanz für Sport und Ernährung bei Krebs eingerichtet und verordnet körperliches Training wie ein Medikament, ergänzend zur Krebstherapie.
„Aus unseren großen Studien wissen wir: Je fitter eine Person in eine Tumortherapie geht, umso besser verträgt sie sie. Bewegung hat einen positiven Einfluss auf die Psyche, verbessert die Lebensqualität und die Körperwahrnehmung. Sie vermindert das Erschöpfungs- und Müdigkeitssyndrom, hilft, die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit zu erhalten und ermöglicht ein besseres Durchstehen von Chemo-, Strahlen- oder Hormontherapie.“ Wer regelmäßig aktiv sei, habe weniger mit Nebenwirkungen wie Übelkeit, Magen-Darm-Problemen, Gewichtsveränderungen oder Schmerzen zu kämpfen. Bei einigen Krebsarten wie Brust- oder Darmkrebs verbessere Sport zudem die Heilungschancen.
Halles Empfehlung lautet daher: „Mit dem Tag der Diagnose muss das Training beginnen.“ Nach seiner Erfahrung profitieren Patient*innen in allen Phasen einer Krebstherapie von einem individuellen, moderaten Bewegungstraining und von speziell auf sie angepasste Ernährungsmaßnahmen.
Hoffnung Komplementärmedizin
Etwa 40 bis 45 Prozent aller Patient*innen beschäftigen sich mit Naturheilverfahren. Das weiß Prof. Stephanie Combs, Direktorin der Klinik für RadioOnkologie und Strahlentherapie und Leiterin des Onkologischen Zentrums (OZ) am Klinikum rechts der Isar, aus eigenen Erhebungen. Das Angebot auf diesem Sektor ist riesig, doch nicht jedes ist auch seriös. „Im Bereich der Naturheilkunde müssen Krebspatient*innen mit Bedacht vorgehen, um nicht auf falsche Heilsversprechen hereinzufallen“, warnt Combs. „Betroffene sollten misstrauisch werden, wenn sie in den Medien von einer Therapie erfahren, die Krebs alternativ zur Schulmedizin heilen soll, dabei keinerlei Nebenwirkungen hat, dafür aber extrem teuer ist.“
Stattdessen sollten Patient*innen ihren Wunsch, etwas Pflanzliches einzunehmen, offen bei ihrem Onkologen oder ihrer Onkologin ansprechen. „Gut abgestimmt und gezielt eingesetzt, kann Komplementärmedizin die Therapie wirksam unterstützen und Nebenwirkungen lindern“, so Combs.
In einem sind sich die Expert*innen einig: Jeder Mensch muss seinen eigenen Weg finden, mit seiner Erkrankung umzugehen. Dabei zählt nur eines: Es soll kein zusätzlicher Druck entstehen. Es geht allein um Wohlbefinden.