Telefonaktion Harn- und Stuhlinkontinenz
Telefonaktion Harn- und Stuhlinkontinenz
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Das Thema ist immer noch weitgehend tabu, besonders wenn es um Stuhlinkontinenz geht. Die Ärzte des interdisziplinären Kontinenz- und Beckenbodenzentrums des Klinikums rechts der Isar beantworteten in einer Telefonaktion vergangenen Mittwoch Fragen rund um die Themen Harn- und Stuhlinkontinenz.<br />
Das Echo war groß: Proktologen, Urologen und Gynäkologen waren vollauf beschäftigt, alle Anrufe anzunehmen. Viele Betroffene waren froh, am Telefon anonym Beratung zu bekommen. Die wichtigsten Fragen haben wir für Sie zusammengefasst.</p>
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<strong>Ich bin 74 und leide seit mehreren Jahren unter Stuhlinkontinenz. Bei mir wurden schon verschiedene Untersuchungen gemacht, auch eine Darmspiegelung. Geholfen hat bisher nichts. Können Sie mir helfen?</strong><br />
Als erstes muss die Ursache der Stuhlinkontinenz geklärt werden. Neben der Basisdiagnostik, die bei Ihnen offensichtlich schon durchgeführt wurde, sollte der Schließmuskel per Ultraschall untersucht und eine Druckmessung durchgeführt werden. Abhängig von den Untersuchungsergebnissen gibt es eine breite Palette von Therapiemöglichkeiten. Das beginnt mit einer Ernährungsumstellung mit dem Ziel der Stuhleindickung kombiniert mit gezieltem Beckenboden- und/oder Schließmuskeltraining (Biofeedbacktraining). Eventuell kommt auch eine Unterspritzung des Schließmuskels mit Hyarulonsäure in Frage. Eine weitere Möglichkeit ist die sakrale Nervenstimulation, bei der ein elektrischer Impulsgeber eingesetzt wird, der bewirkt, dass der Schließmuskel wieder gekräftigt wird. In einem interdisziplinären Zentrum können die Ärzte die Ursachen abklären und geeignete Therapieformen vorschlagen.</p>
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<strong>Nach einer Fistel-Operation am Enddarm habe ich häufig Schwierigkeiten den Stuhl zu halten und kann oft gar nicht aus dem Haus gehen.</strong><br />
Möglicherweise ist die Funktion ihres Schließmuskels durch die Voroperation eingeschränkt. Eine Ultraschalluntersuchung des Schließmuskels kann Klarheit bringen. Bei einem Defekt kann manchmal eine Rekonstruktion des Schließmuskels sinnvoll sein. Immer sollte jedoch eine individuell auf Sie zugeschnittene Therapie entwickelt werden.</p>
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<strong>Was kann ich tun, um meine Aftermuskulatur zu stärken?</strong><br />
Mit spezifischem Beckenbodentraining lässt sich die Funktion des Schließmuskels deutlich verbessern. Physiotherapeuten unterstützen Sie beim Erlernen und richtigen Durchführen der geeigneten Übungen.<br />
Auch mit der so genannten Biofeedbackmethode lassen sich gute Erfolge erzielen. Mit Hilfe eines kleinen Computers kann die Empfindsamkeit und die Funktion der beteiligten Muskeln verbessert werden.</p>
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<strong>Ich bin 70 Jahre alt und leide oft unter Verstopfung. Wenn ich dann Stuhlgang habe, muss ich mehrfach zur Toilette und bin dann inkontinent. Was kann ich tun?</strong><br />
Die Kombination aus Verstopfung und Stuhlinkontinenz kann die Folge einer Ausbuchtung des Enddarms kombiniert mit einem inneren Darmvorfall sein. Dieses komplexe Beckenbodenleiden tritt vor allem bei älteren Frauen auf, die Kinder geboren haben und bei denen die Gebärmutter entfernt wurde. Hier sollten die anatomischen Veränderungen durch eine spezielle Röntgenuntersuchung abgeklärt werden. Je nach Ursache könnte für Sie eine Operation Erleichterung bringen. Wenden Sie sich an ein spezialisiertes Zentrum, in dem Chirurgen, Gynäkologen und Radiologen zusammenarbeiten. Dort kann abgeklärt werden, ob etwa ein innerer Vorfall des Enddarms vorliegt, der operiert werden muss.</p>
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<strong>Ich bin vor einem Jahr an einem bösartigen Tumor des Enddarms operiert worden. Seitdem habe ich Schwierigkeiten mit dem Stuhlgang und muss oft zehnmal am Tag zur Toilette.</strong><br />
Dieses Problem kann eine Nebenwirkung sein, wenn ein Stück Darm in der Nähe des Schließmuskels entfernt wurde. Hier ist eine individuelle Beratung wichtig. Durch Ernährungsumstellung und mit Medikamenten kann etwa die Stuhlpassage verzögert werden, auch hier ist ein Schließmuskeltraining sinnvoll. Manchmal ist es auch hilfreich, durch Einläufe (anale Irrigation) eine geplante Stuhlentleerung auszulösen.</p>
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<strong>Der Arzt hat bei mir einen </strong><strong>Darmvorfall</strong><strong> diagnostiziert, der eine dauernde Stuhlinkontinenz zur Folge hat. Es wurde mir eine Operation empfohlen. Gibt es dazu </strong><strong>Alternativen</strong><strong>?</strong><br />
Wenn ein Teil des Darms durch den After nach draußen ragt, spricht man von einem äußeren Darmvorfall. Dieser muss tatsächlich in der Regel operativ versorgt werden. Dabei kommen je nach Ausprägung und persönlicher Situation unterschiedliche Operationsmethoden in Frage. Eine Möglichkeit ist ein minimal-invasiver Eingriff.</p>
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<strong>Ich hatte bei der Entbindung einen Dammriss und habe seitdem Schwierigkeiten, den Stuhl zu halten.</strong><br />
Ein hochgradiger Dammriss kann zu Stuhlinkontinenz führen. Wenn bei der Entbindung erkannt wird, dass der Riss auch den Enddarm betrifft, sollte er unmittelbar vernäht werden. Zu einem späteren Zeitpunkt kann eine Rekonstruktion des Schließmuskels sinnvoll sein. Alternativ hat sich neben konservativen Maßnahmen die sakrale Nervenstimulation als sehr wirkungsvolles Verfahren herausgestellt.</p>
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<strong>Ich bin 42 Jahre alt und habe ständig nach dem Stuhlgang das Gefühl, dass noch was nachläuft. Was kann ich dagegen tun?</strong><br />
Wichtig ist eine genaue Untersuchung und Abklärung der möglichen Ursachen. Wenn diese erfolgt ist, sollten verschiedene Fachärzte in die Abstimmung der individuellen Therapie eingebunden werden.</p>
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<strong>Ich habe häufigen Stuhlgang. Deshalb ist die Haut am After ständig entzündet.</strong><br />
Bei Ihnen liegt sehr wahrscheinlich ein irritativ-toxisches Hautekzem vor. Neben einer ursächlichen Therapie des häufigen Stuhlgangs ist die Pflege der empfindlichen Haut am After sehr wichtig. Reinigen Sie die Region nur mit klarem Wasser, verwenden Sie keine Feuchttücher. Cremen Sie die Haut mit Zinkpaste ein. Bei starkem Juckreiz kann für kurze Zeit eine kortisonhaltige Creme verwendet werden.</p>
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<strong>Nach einer Prostata-Operation kann ich den Harn nicht mehr halten. Welche Möglichkeiten gibt es?</strong><br />
Zunächst muss analysiert werden, wie stark ausgeprägt die Inkontinenz ist. Bei leichteren Fällen raten wir oft zu Bandeinlagen, die in einem minimalinvasiven Eingriff eingesetzt werden, um den Widerstand gegen die Blasenentleerung zu erhöhen.<br />
Mit dem Einsatz eines künstlichen Schließmuskels erzielt man auch bei hochgradiger Inkontinenz sehr gute Ergebnisse. Dabei wird eine Manschette um die Harnröhre gelegt; über eine winzige Pumpe kann der Betroffene die Entleerung der Blase steuern. Das Verfahren ist bestens etabliert und ermöglicht eine hohe Lebensqualität.</p>
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<strong>Ich leide unter ständigem Harndrang und muss sehr häufig Wasser lassen.</strong><br />
Sie leiden vermutlich unter einer überaktiven Blase. In vielen Fällen kann hier mit Medikamenten eine deutliche Besserung erzielt werden.<br />
Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz eines Blasenschrittmachers, der vergleichbar einem Herzschrittmacher die Blasennerven stimuliert.<br />
Die dritte Option ist eine Beruhigung der Blase durch Botox, das während einer Blasenspiegelung unter Narkose gespritzt wird. Diese Behandlung wird etwa alle sechs Monate wiederholt. Sie wird auch von den Krankenkassen bezahlt.</p>
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<strong>Frau 75 Jahre: Ich leide unter Harninkontinenz, was meinen Alltag stark beeinträchtigt.</strong><br />
Frauen haben oft mit der so genannten Belastungsinkontinenz zu tun. Ursachen können Entbindungen, Bindegewebsschwäche oder gynäkologische Operationen sein.<br />
Operativ lässt sich durch das Einsetzen von Bandeinlagen hinter der Harnröhre der Widerstand erhöhen, wodurch die Blasenentleerung verzögert wird. Dieser Eingriff kann meist minimal-invasiv durchgeführt werden.</p>
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<strong>Ich habe einen Gebärmuttervorfall. Muss ich operiert werden?</strong><br />
Ein Gebärmuttervorfall ist häufig sehr gut in einer Operation zu korrigieren. Die Ärzte wägen je nach Schwere des Vorfalls und Alter der Patientin ab, ob eher eine offene oder eine minimal-invasive OP angezeigt ist.<br />
Alternativen können speziell angepasste Pessare sein, insbesondere bei älteren Patientinnen.</p>
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<strong>Die Ärzte des Kontinenz- und Beckenbodenzentrums des Klinikums rechts der Isar sind unter Tel. 089 4140-2195 und per email unter: <a href="mailto:kbzmri.tum.de">kbzmri.tum.de</a> zu erreichen.</strong><br />
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