50 Jahre Uniklinikum: Einzigartige Verbindung

50 Jahre Uniklinikum: Einzigartige Verbindung

Was verbirgt sich hinter „Phasenkontrast-Bildgebung“? Welche Möglichkeiten bietet die Positronen-Emissionstomographie (PET)? Wie hängen die mechanische Thrombektomie und bildgebende Verfahren zusammen? Fachärzte, Naturwissenschaftler und Ingenieure der TUM arbeiten mittlerweile bei deren Weiter- und Neuentwicklung eng zusammen. Nicht nur bei der Phasenkontrast-Bildgebung, wie die folgenden Beispiele bahnbrechender Innovationen zeigen.

Ein Beispiel für die Phasenkontrast-Bildgebung

Foto: Klinikum rechts der Isar

„Technik, Naturwissenschaft und Medizin gehen bei uns eine Kombination ein, die deutschlandweit einzigartig ist,“ sagt Professor Franz Pfeiffer, der den Lehrstuhl für Biomedizinische Physik innehat. Seine Abteilung hat die schon genannte Phasenkontrast-Bildgebung entwickelt. Professor Ernst Rummeny, Leiter des Instituts für diagnostische und interventionelle Radiologie, ist verantwortlich für die erstmalige klinische Anwendung. Was aber ist das Novum an dieser Methode?

Absorption von Röntgenstrahlen im Körper entstehen – abgebildet werden dadurch Knochen oder Kontrastmittel, weil sie die Strahlung besonders stark aufnehmen. „Wir haben begonnen, die Röntgenstrahlen besser zu nutzen, indem wir nun auch den Wellencharakter des Lichts ausnutzen“, sagt Professor Pfeiffer. Denn während der Röntgenstrahl den Körper durchwandert, entstehen Phasenverschiebungen des Lichts. Kann man diese sichtbar machen, erhält man gestochen scharfe Bilder von Weichteilen.

Die Phasenkontrast-Bildgebung ermöglicht es, auch sehr kleine Veränderungen im Körper zu sehen – zum Beispiel Anomalitäten im Lungengewebe, die auf einen Tumor hindeuten. „Das ginge in dieser Art sonst nur im Kernspin“, erklärt Physiker Pfeiffer. Die Kernspintomographie ist aber schon alleine aufgrund der immensen Kosten für flächendeckende Untersuchungen nicht geeignet. „Die Phasenkontrast-Bildgebung dagegen ermöglicht kosteneffiziente Screening-Programme für Lungenkrebs oder auch für Erkrankungen der Herzkranzgefäße. Dann nämlich, wenn sich Plaques am Weichgewebe ablagern.“ Ebenso könnte die neue Bildgebung für die Osteoporose-Früherkennung wichtig werden, da sie genaue strukturelle Informationen über den Knochen liefert. Bisher lässt sich bekanntlich nur die Knochendichte messen. 

Auch in der Behandlung der COPD, einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung, die immer mehr um sich greift und das Lungengewebe irreparabel zerstört, eröffnet das neue Verfahren bislang ungeahnte Möglichkeiten: „Für die COPD-Früherkennung könnte die Phasenkontrast-Bildgebung noch bedeutsamer als für Lungenkrebs sein“, sagt Professor Pfeiffer. Rechtzeitig diagnostiziert, kann eine Verschlimmerung der COPD und damit eine Lungenfi brose oder die Notwendigkeit einer künstlichen Beatmung vermieden werden. 

Als Pfeiffer vor zehn Jahren begann, über die Phasenverschiebung von Lichtwellen zu forschen, gab es weltweit nur zwei weitere Gruppen, die sich mit diesem Thema beschäftigten. Mittlerweile sind es deutlich mehr Wissenschaftler – und die TUM ist ganz vorne dabei. Im Moment entsteht hier der erste Prototyp für den klinischen Betrieb, ganz unscheinbar in einem kleinen Raum in der Radiologie. Geplant ist die Zulassung für Anfang 2018: „Die sehr gute Zusammenarbeit mit der Radiologie zahlt sich aus. Wir Physiker sind ganz eng in der Klinik dabei und verstehen so immer besser, mit welchen Problemen die Mediziner in ihrem Alltag konfrontiert werden“, sagt Professor Pfeiffer. Das sind wichtige Impulse, die dazu beitragen, aus der Grundlagenforschung heraus klinisch bedeutsame Neuerungen zu entwickeln. 

 

Neue Schlaganfall-Therapie

Bis vor Kurzem galt bei einem Schlaganfall die Lysetherapie als das Verfahren der Wahl: Hierbei wird das Blutgerinnsel im Kopf mittels Medikamenten aufgelöst, damit das Blut wieder ungehindert fließen kann. Nun beginnt mit der Thrombektomie, einer völlig neuartigen Technik, eine neue Ära in der Schlaganfalltherapie. Der unschätzbare Vorteil: Mit der mechanischen Thrombektomie können bis zu 70 Prozent der behandelten Patienten wieder in das normale Alltagsleben integriert werden, während es bei der rein medikamentösen Behandlung nur 40 Prozent sind. 

Wie läuft das Verfahren ab? „Wir führen einen Katheter in die Leiste ein und schieben ihn weiter bis zu dem verschlossenen Gefäß im Gehirn“, sagt dazu der Neuroradiologe Professor Claus Zimmer. In diesem Katheter läuft ein dünner Draht, der sich beim Erreichen des Blutgerinnsels zu einem kleinen Käfig, dem Stent-Retriever, umformt. „So können wir das Blutgerinnsel packen und aus der Blutbahn entfernen.“ Ein jodhaltiges Kontrastmittel, das mittels Röntgenstrahlung sichtbar gemacht wird, weist den Radiologen den komplizierten Weg durch die Blutgefäße bis zum Ort des Geschehens. Schon im Jahr 2008, und damit weltweit als eine der ersten, behandelten die Schlaganfall-Spezialisten im Neuro-Kopf-Zentrum des Klinikums rechts der Isar so erfolgreich ihren ersten Patienten. „Wir biegen einfach früher ab als die Neuroradiologen“, erklärt Professor Rummeny schmunzelnd die Unterschiede beim Einsatz der bildgestützten Katheter-Therapie: Auch die Radiologen bringen über die Leiste ihre Therapiewerkzeuge in den Körper ein. „Zum Beispiel können wir bei einem Lebertumor bestrahlende Partikel direkt vor Ort transportieren.“ 

Diese sogenannte selektive interne Radiotherapie schont das gesunde Gewebe, weil sie direkt vor Ort ansetzt und nicht durch den Körper hindurch geht. „Oder aber wir punktieren den Tumor und erhitzen ihn auf 80 Grad, damit er abstirbt“, beschreibt Professor Rummeny die Möglichkeiten, dem Krebs zu Leibe zu rücken. Auch Aneurysmen, also lebensgefährliche Aussackungen der Blutgefäße, die im Kopf und auch im restlichen Körper entstehen, werden mittels Katheter erreicht und beispielsweise durch kleinste Platinspiralen oder „kleine Körbchen“ gleichsam von innen verschlossen – so wird eine konventionelle Operation vermieden. 

 

Personalisierte Medizin

Die personalisierte Medizin gewinnt vor allem in der Tumortherapie zunehmend an Bedeutung. „Die Hypothese ist, dass man eine Behandlung gezielt an das persönliche Profi l eines Patienten anpassen kann“, sagt der Nuklearmediziner Professor Markus Schwaiger. Um das zu erreichen, müssen „die therapeutischen Zielstrukturen mit Hilfe diagnostischer Methoden identifiziert werden“. Bisher ist die Biopsie die gängige Methode. Bei diesem Verfahren kann aber in der Regel die sehr inhomogene Struktur eines Tumors nicht vollständig erfasst werden. 

Hier erweisen sich die bildgebenden Verfahren als hochwirksam, wie etwa Röntgen, Ultraschall oder Kernspin. Mit der Szintigraphie, bei der radioaktiv markierte Moleküle genutzt werden, können Tumorzellen im Körper markiert und sichtbar gemacht werden. Proteine auf der Zelloberfl äche spiegeln biologische Prozesse im Innern einer Zelle wider – die Darstellung dieser Proteine erlaubt einen individuellen Einblick in den spezifi schen Krankheitsverlauf eines Patienten. Die Forschung auf diesem Gebiet erfolgt an der TUM im Sonderforschungsbereich SFB 824 unter der Leitung von Professor Schwaiger und wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) fi nanziell unterstützt.

DFG) fi nanziell unterstützt. Die Kombination verschiedener Verfahren hat die personalisierte Medizin weit vorangebracht: Das PET/CT ermöglicht es beispielsweise, zeitgleich strukturelle Veränderungen im Körper durch das CT (Computertomographie) zu erfassen und molekulare Signale durch das PET (Positronenemissionstomographie) darzustellen. Die Kombination des Einsatzes von PET und MRT (Magnetresonanztomographie) ist erst wenige Jahre alt: Das weltweit erste PET/MR ging 2011 am Klinikum rechts der Isar in Betrieb. Damit können Ärzte sowohl die Lage der Organe im Körper als auch ihre Funktion und den Zellstoffwechsel simultan in einem Bild sehen. Gerade in Bereichen mit komplexer oder leicht veränderbarer Anatomie erhöht das die exakte Zusammenführung und Verortung der beiden Diagnosebilder.

Ulrike Adams / Dorothea Friedrich

 

 

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