Suggestion kann Arterien verengen
Suggestion kann Arterien verengen
Wissenschaftler des Klinikum rechts der Isar belegen in einer aktuellen Studie die Macht der Gedanken: Patienten, denen man suggeriert hatte, dass eine Behandlung die Herzkranzgefäße erweitern würde, verspürten im Anschluss an die Schein-Behandlung nicht nur weniger Schmerzen. Sie zeigten auch messbare Veränderungen der Herzkranzgefäße.
Die Forschungsergebnisse wurden im aktuellen American Heart Journal veröffentlicht.
In der Vergangenheit konnten Wissenschaftler bereits häufig beobachten, dass Suggestionen die Wahrnehmung von Herzschmerzen beeinflussen können. Die Münchner Forscher aus der Klinik für Psychosomatik sowie dem Institut für Allgemeinmedizin des Klinikums rechts der Isar gingen in ihrer aktuellen Studie nun der Frage nach, ob dieser Effekt auch die Auswirkung tatsächlicher körperlicher Veränderungen sein könnte.
Als mögliche Probanden wählten sie Patienten mit Herzbeschwerden, die sich einer Herzkatheter-Untersuchung unterzogen. Konnten die Kardiologen dabei keinen Befund feststellen, kamen die Patienten für die aktuelle Studie in Frage. Noch im Rahmen der Herzkatheter-Untersuchung injizierten die Ärzte insgesamt 30 Patienten eine harmlose Kochsalzlösung. Während die Patienten der Kontrollgruppe keine weiteren Informationen dazu erhielten, erläuterten die Ärzte den Patienten in der Versuchsgruppe, dass durch diese Behandlung ihre Arterien geweitet würden. Die Studie war doppelblind konzipiert: Auch die behandelnden Kardiologen wussten nicht, ob sie eine vollkommen wirkungslose Lösung oder ein Medikament verabreichten.
Wie die Wissenschaftler vermutet hatten, trat nun in der Versuchsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe eine deutliche Schmerzlinderung ein. Nicht erwartet hatten sie jedoch, dass sie zudem – ebenfalls nur in der Versuchsgruppe – eine deutliche körperliche Veränderung messen konnten: Die rein psychologische Suggestion führte dazu, dass sich die Herzkranzgefäße verengten.
Dr. Joram Ronel, Oberarzt und Leiter der psychokardiologischen Ambulanz an der Psychosomatischen Klinik des Klinikums rechts der Isar erläutert: „Zunächst waren wir erstaunt, dass keine Erweiterung der Gefäße eintrat. Aus unserer Sicht ist es aber im Nachhinein nicht verwunderlich, dass sich die Gefäße verengten. Denn dies ist eine bei gesunden Menschen sinnvolle Antistress-Reaktion des Körpers: Wenn das Herz weniger gefordert ist, kann es sozusagen ‚einen Gang herunterschalten‘. Die Verengung der Gefäße führt zu einer Verringerung des Blutdurchflusses und damit zu weniger Arbeit für das Herz. Eine Art körpereigener Beruhigungseffekt.“
Dr. Karin Meissner, Placeboforscherin am Institut für Allgemeinmedizin am Klinikum rechts der Isar und am Institut für Medizinische Psychologie der Ludwig-Maximilians-Universität, erklärt die Bedeutung des Forschungsergebnisses: „Wir konnten erstmals zeigen, dass eine rein psychosoziale Intervention spezifische Effekte an den Herzkranzgefäßen bewirken kann. Im nächsten Schritt planen wir nun, weitere Messparameter mitzubestimmen, insbesondere die Ausschüttung von Stresshormonen und körpereigenen Schmerzhemmstoffen. Unser Ziel ist es, ein noch tieferes Verständnis davon zu gewinnen, wie psychosoziale Einflüsse die Herzfunktion beeinflussen können.“
DOI: doi:10.1016/j.ahj.2011.06.016
Ansprechpartner:
Dr. Joram Ronel
Tel.: 089-4140-6449
Email: j.ronellrz.tum.de
Dr. Karin Meissner
Tel.: 089-2180-75613
Email: karin.meissnermed.lmu.de