„Antiviral wirksame Medikamente sind in der Entwicklungs-Pipeline“
„Antiviral wirksame Medikamente sind in der Entwicklungs-Pipeline“
Wie man die Achillesferse des Coronavirus SARS-CoV-2 für neue antivirale Therapien trifft? Das weiß Prof. Ulrike Protzer, Direktorin des Instituts für Virologie der Technischen Universität München. Zusammen mit ihrem Kollegen Prof. Andreas Pichlmair hält sie die heutige Covid-Lecture zur Virus-Wirt-Interaktion. Drei Fragen an die Virologin.
Welche antiviralen Therapien gegen Covid-19 gibt es derzeit – und wie wirksam sind sie?
Es gibt bisher leider nur sehr wenige Therapien gegen Covid-19. Dabei muss man zwei grundsätzlich unterschiedliche Therapie-Ansätze unterscheiden: Zum einen Therapien, die die Entzündungsreaktionen im Körper unterdrücken; sie zielen darauf ab, die sogenannte Immunpathogenese zu vermindern, wie Cortison oder Antikörper gegen das Zytokin IL-6 – hier wurde in klinischen Studien eine gewisse Wirksamkeit gezeigt. Zum anderen direkt antiviral wirksame Therapien, die das Virus an der Vermehrung und an der Ausbreitung hindern. Hier gibt es leider noch kein Medikament, das eine überzeugende Wirksamkeit zeigt. Da diese Therapien aber bei den meisten Virus-Erkrankungen den therapeutischen Durchbruch gebracht haben, ist es sehr wichtig, daran zu arbeiten.
Wie schnell geht denn die Entwicklung aus Ihrer Sicht voran?
Direkt antiviral wirksame Medikamente kann man nur entwickeln, wenn man das Virus sehr gut versteht und seine essenziellen Enzyme kennt, die man als Achillesferse des Virus „angreifen“ kann. Hierzu hat die Gruppe von Prof. Andreas Pichlmair die bisher wohl umfassendste Analyse weltweit durchgeführt. Da das etwas Zeit dauert, braucht auch die Entwicklung spezifischer, antiviraler Medikamente Zeit. Eine alternative Strategie ist es, bereits bekannte Elemente, wie den Virus-Rezeptor, als Ansatz für eine antivirale Therapie zu nutzen. Das hat meine Gruppe getan und einen direkten Virus-Inhibitor entwickelt, in Kollaboration mit Bio- und Medizinchemikern.
Was wird die Zukunft bringen – und vor allem wann?
Im Gegensatz zur Entwicklung von Impfstoffen kann man hier nicht einfach mit der reinen genetischen Information starten. Zudem war auch die Forschungsförderung zur Entwicklung von Impfstoffen deutlich höher als die zur Entwicklung antiviraler Medikamente. Eine ganze Reihe antiviral wirksamer Medikamente sind jetzt in der Entwicklungs-Pipeline und wir hoffen sehr, dass man bald über ähnliche Erfolge wie in der Entwicklung von Impfstoffen berichten kann. Zum Live-Stream der Covid-19 Lecture auf YouTube (21.4.2021, ab 18:15 Uhr)
Prof. Ulrike Protzer, Direktorin des Instituts für Virologie der Technischen Universität München